Die Ursprünge der Familie Sellinat in Sellen (s. Sellinat - Herkunftsorte.) lassen sich in den Kirchenbüchern des Kirchspiels Kaukehmen eindeutig und lückenlos bis auf Lorenzus Sellenatis jun. zurückverfolgen, der am 12.08.1736 in Wietzischken b. Kaukehmen geboren wurde.
Als Eltern stehen im Geburtsregister Lorenzus Sellenatis sen. und Elske. Die weiteren Vorfahren sind nicht ganz sicher. Das liegt insbesondere daran, das das Heiratsregister im Kirchspiel Kaukehmen, in dem bei der Heirat in der Regel auch das Alter des Bräutigams und der Vater eingetragen wurde, erst seit 1750 geführt wurde. Deshalb gibt es für Lorenzus Sellenatis sen. und Elske, die Eltern von Lorenzus jun., noch keinen Heiratseintrag. Die Daten können aber erschlossen werden.
Aus dem Taufregister der ev. Kirche Kaukehmen kommen für Lorenzus Sellenatis jun. zwei Väter infrage, die Lorenzus hießen:
- 1. Am 30.10.1710 wurde ein Lorenzus in Skulbetwarren als Sohn der Eltern Lorenzus Sellenatis und Ennike geboren und am gleichen Tage getauft. Die Paten waren Jurgis Jokubatis, Kristups Kiaslas, Marike Lesnertate, Katrina Matzene und Honsus Sellenatis (alle Patennamen schwer lesbar, Taufregister S. 440).
- 2. Am 21.12.1707 wurde ein Lorentzus in Sellen als Sohn der Eltern Walluttis Sellenatis, Bauer, und Madlina geboren und am 26.12.1707 getauft. Die Paten waren Walluttis Sellenatis, Dowids Grigellatis, Lorenzus Sellenatis, Jurgis Keeddys, Elske Keddene, Regina Pasukene und Marike Patamene (Taufregister S. 413).Der Vater Walluttis Sellenatis zog nach den Geburtseinträgen für seine Kinder im Kirchenbuch zwischen 1710 und 1714 von Sellen nach Wietzischken. Da der Sohn Lorentzus später in Wietzischken gelebt hatte, ist es wahrscheinlicher, daß Walluttis und nicht Lorenzus der Vater des Kindes Lorentzus Selenatis sen. war.
Lorenzus Sellenatis sen. wurde also wahrscheinlich am 21.12.1707 in Sellen geboren.
Sein Vater war Walluttis Sellenatis. Im Zeitraum von 1668 bis 1696 wurden im Kirchspiel Kaukehmen zwei Knaben Walluttis Sellennaitis geboren, beide im März 1671 in Sellen. Ihre Taufeinträge lauten:
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- 1. Eintrag im Taufregister auf Seite 51 links:
- Sellenen Domin Judica 1671 (15. März)(Vater) Ensys Sellennaitis Wallutziu Sohn(Mutter) Bergitte(Sohn) WalluttisPaten: ...
- 2. Eintrag im Taufregister auf Seite 51 rechts:
- Sellenen 18. Martij 1671(Vater) Lurencze Sellennaitis, Sohn des Wallutten(Mutter) Gryta(Sohn) Walluttis(Paten: ...)
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Walluttis Sellenatis ist somit entweder der am 15.03.1671 oder der am 18.03.1671 geborene Junge.
Die Väter dieser beiden Knaben, Ensys und Lurencze, hatten nach diesen Taufeinträgen jeder einen Vater namens Walluttis. Ich vermute, dass sie Brüder waren, die ihren Söhnen den Namen des Großvaters gaben. Die Stammfolge ist hier also in einer Generation unsicher: Der Vater des Walluttis Sellennatis ist nicht eindeutig zuzuordnen und war entweder Ensys Sellennaitis oder Lurencze Sellennaitis, der Großvater ist dann wahrscheinlich Walluttis Sellennaitis, der um 1625 vermutlich in Sellen geboren wurde. Er ist der bisherige Sellinat-Spitzenahn. Für Vater und Großvater liegen jedoch keine Geburts- bzw. Taufbelege mehr vor, da beide vor dem Beginn des Taufregisters der evang. Kirche Kaukehmen (=1668) geboren wurden.
Walluttis Sellenatis gehörte zu den Männern, die nach der verheerenden Pestepidemie, die von 1709 bis 1711 besonders heftig in Litauen und Ostpreußen gewütet hatte, an Stelle der Verstorbenen wehrpflichtig wurden. Diese Männer wurden in Listen (Rollen) eingetragen und deshalb als „Enrollierte“ bezeichnet. Ihre Bewaffnung bestand aus Degen und Flinte.(1) Mit den "Enrollierten" sollten die durch die Pest gelichteten Truppen verstärkt werden.
Walluttis wird als Wollutt Sellenait in einem Bericht des "Cammer Ampts Kuckerneese"(2) genannt:
„Wie viel Sechsshuebner und Enrollirte an der Contagion (3) gestorben, wie viel auff dass Erbe gesetzt, wie viel wuerklich zum Dienst gestellt, und in der verstorbenen Stelle gesetzt werden konnen, ingleichen wie lang die Contagion in jedem Dorff gedauret, und wo der Sechshuebner und Enrollirten Mundierung und Gewehr Geblieben.
itm. d. 18. April 1711
Nahmen der Doerffer, und wie Lang die Contagion in selbige gewehret: Sellen / Zwey Jahr nehmlich vom Herbst 1708 biss 1710.“ (4)
Die Pest hatte hier im Amtsbereich also von 1708 bis 1710 gewütet, und in dieser amtlichen Liste wird Wollutt Sellenait aus Sellen als einer der drei für die an der Pest verstorbenen „auffs Erbe gesetzet“en genannt.
Walluttis Sellennatis siedelte wohl zwischen 1710 und 1714 von Sellen nach Wietzischken bei Kaukehmen um, wo er Bauer war, und wo dann auch seine Nachkommen bis zu Kristups Sellenat lebten. Walluttis und seine Frau Madlina ließen fünf Kinder taufen, die ersten zwei in Sellen, danach drei in Wietzischken, das auch zum Kirchspiel Kaukehmen gehörte.
Sein Sohn Lorentzus Sellenatis (sen.) wurde am 21.12.1707 in Sellen als ältestes Kind geboren, s. o.. Auch Lorentzus war Bauer, so wurde er durchgängig zu den Taufen seiner Kinder in das Kirchenbuch eingetragen. Er ließ mit seiner Frau Elske acht Kinder taufen, davon als ältesten Sohn den am 12.08.1736 geborenen Lorenzus jun., als jüngsten den 1747 geborene Albrechts. Lorentzus und Elske sind also nach 1747 gestorben.
Das „Todten-Register“ des Kirchspiels Kaukehmen gibt es von 1749 bis 1874 mit Unterbrechungen von 1762 bis 1767 und von 1848 bis 1863. Daher lassen sich die Sterbedaten und das erreichte Alter unseren alten Sellinatvorfahren nur teilweise feststellen.
Lorenzus Sellenatis (jun.) wurde im Geburtseintag eines seiner Kinder im Kirchenbuch als Passeleninker bezeichnet. Das war jemand, der Aussaat oder Beisaat als Entlohnung für seinen Dienst erhielt.(5) Er heiratete am 16.10.1760 die etwas jüngere Busche Ruddate aus Wietzischken, mit der er drei Kinder hatte. Busche starb schon mit 32 Jahren am 17.11.1769 im Wochenbett, drei Wochen nach der Geburt ihres dritten Kindes, welches am gleichen Tage wie sie verstarb. Lorenzus jun. lebte anschließend wahrscheinlich noch mit einer anderen Frau zusammen. Dazu ist zwar im Heiratsregister kein entsprechender Eintrag zu finden, doch ließen am 6. Januar 1773 in Wietzischken die Eltern Lorenzus Selenait und Madlins Kalwaizio ein Mädchen Taufen. Madlins starb am 6. Januar 1781. Lorenzus starb im Alter von 54 Jahren am 2. November 1790 in Wietzischken, nach dem Kirchenbucheintrag als Bettler.
Mickelis Sellenatis, der älteste Sohn des Lorenzus jun., wurde am 30.09.1764 in Wietzischken geboren. Er lebte dort mit der sechs Jahre älteren Witwe Annike Stotszkene zusammen, mit der er zwei Kinder hatte: am 15. April 1795 wurde Jurgis und am 17. Juli 1798 Busze geboren. Beide Kinder waren vorehelich. Die Elternangaben im Taufeintrag des Jurgis lauten: „Pat. angeb. Mikkel Selenait / Mat: Anikke vorehel Ansas Stotzkene“, im Taufeintrag der Busze: „Pat. angeb Mikkel Selenat Losmann / Mat. Anikke Stotzkene“. Mickelis und Annike heiraten erst am 9. Februar 1807, als Mickelis nach dem Traueintrag 50 und Annike 57 Jahre alt waren. Zumindest die Altersangabe von Mickelis wurde hier falsch angegeben: Nach seinem Taufeintrag ins Taufregister (s. o.) war er tatsächlich 42 Jahre alt.
Zu dieser Zeit mussten die "einfachen" Leute in der Landwirtschaft in einigen Regionen die Zustimmung des Bauern oder Gutsherrn haben, um zu heiraten.(6) Grund hierfür kann gewesen sein, dass der Gutsherr für den Unterhalt deren Kinder aufkommen musste, wenn diese dazu selbst nicht in der Lage waren. Ich nehme an, dass der Gutsherr irgendwann doch der Heirat zustimmte, als er erkennen musste, dass seine Leute auch unverheiratet Kinder bekamen. So kann das auch bei Mickelis Sellenatis und Annike Stotszkene gewesen sein. Die Leute der Landwirtschaft waren zwar keine Leibeigenen, aber so richtig frei waren sie wohl nicht. Erst 1868 wurde im Norddeutschen Bund mit dem „Gesetz über die Aufhebung der polizeilichen Beschränkungen der Eheschließung“ grundsätzlich die Eheschließungsfreiheit eingeführt:
„Bundesangehörige bedürfen zur Eingehung einer Ehe oder zu der damit verbundenen Gründung eines eigenen Haushaltes weder des Besitzes, noch des Erwerbs einer Gemeindeangehörigkeit (Gemeindemitgliedschaft) oder des Einwohnerrechtes, noch der Genehmigung der Gemeinde (Gutsherrschaft) oder des Armenverbandes, noch einer obrigkeitlichen Erlaubniß.
Insbesondere darf die Befugniß zur Verehelichung nicht beschränkt werden wegen Mangels eines bestimmten, die Großjährigkeit übersteigenden Alters oder des Nachweises einer Wohnung, eines hinreichenden Vermögens oder Erwerbs, wegen erlittener Bestrafung, bösen Rufes, vorhandener oder zu befürchtender Verarmung, bezogener Unterstützung oder aus anderen polizeilichen Gründen. Auch darf von der ortsfremden Braut ein Zuzugsgeld oder eine sonstige Abgabe nicht erhoben werden.“ (7)
Mickelis ertrank am 13. September 1813 fast 49-jährig in der Gilge, einem der Mündungsflüsse des Memeldeltas, Annike starb am 2. März 1824 im Alter von etwa 72 Jahren.
In seinem Sterbeeintrag 1813 und in dem für seine Witwe Annike 1824 wird Mikkelis als Losmann bezeichnet. Das war „die Bezeichnung für einen kleinen Feldpächter im ehemaligen Ostpreußen. Einem Losmann wurde neu urbar gemachtes Ackerland per Los zugeteilt. Da die Größe dieses Ackerlandes für den Unterhalt einer Familie nicht ausreichte, verdingte sich der Losmann als Landarbeiter, Knecht, Holzfäller oder Tagelöhner. Das Deutsche Wörterbuch der Gebrüder Grimm beschreibt einen Losmann: „in Ostpreuszen name eines kleinen feldpächters“. Im Jahr 1868, vom Deutschen Wörterbuch als Notstandsjahr bezeichnet, hätten die Losleute vom Staat als Darlehen drei Scheffel Kartoffeln erhalten.“ (8)
Jurgis Selenait, der am 16.4.1795 getaufte Sohn des Mickelis, war 1823 bei der Geburt seiner Tochter Maryke in Groß Allgawischken Losmann (s. o.), 1833 bei der Geburt seiner Tochter Gryta in Wietzischken 'Eigenthümer' und bei der Geburt von Ennyke 1829, Jurgis 1832, Kristups 1835 in Sausseningken und Elske 1839 in Baubeln Gärtner. Als Gärtner bezeichnet wurden „ländliche Arbeiter, die seit dem 16. Jahrhundert auf Domänen und Gütern beschäftigt waren. Sie erhalten freie Wohnung, Gartenland, wohl auch 2-3 Morgenacker (deswegen „Morgener“ genannt), 3-6 Reichstaler bar und Naturalien (Getreide, Kuhweide, Heu, Brennholz) sowie den zehnten oder elften Scheffel beim Dreschen.“(9) Sie wurden auch als Lohngärtner bezeichnet. Er hatte somit zwar ein kleines Stück urbar gemachtes Land zugelost bekommen, das in seinem Eigentum war, konnte sich und seine Familie damit allein aber nicht ernähren. So musste den Lebensunterhalt zusätzlich als Lohngärtner verdienen.
Er heiratete Maryke Lauraitikke am 8. Februar 1822 in Groß Allgawischken, wo beide ihr erstes Kind bekamen. Zwischen 1823 und 1829 zogen sie von Groß Allgawischken 3 km weiter nach Sausseningken, wo vier weitere Kinder geboren wurden. Ihr letztes Kind kam 1839 in Baubeln zur Welt. 1834 starben zwei ihrer Kinder, eins an Masern, ein anderes an ‚Nervenfieber’, das ist Typhus.
Ihr jüngster Sohn Kristups wurde am 16. März 1835 in Sausseningken geboren. Abweichend davon ist in der Abschrift vom 13.08.1941 der standesamtlichen Sterbeurkunde 23/1912 des Standesamts Limbsee sein Geburtsdatum 16.03.1835 mit dem Geburtsort Schakuhnen (10) angegeben. Im Auszug vom 26.02.1941 aus dem Trauregister der evangelischen Pfarrkirche ist als Heimatort seines Vaters Jurgis Selleneit jedoch Sausseningken (11) angegeben. Im Mikrofilm des Kirchenbuchs von Schakuhnen ist für 1835 keine Geburt eines Kristups Sellenat mit Jurgis Sellenat als Vater eingetragen. Da schon auf der Abschrift der Sterbeurkunde der „Widerspruch zur Geburtsurkunde“ vermerkt wurde, bin ich sicher, dass die Angabe von Schakuhnen als Geburtsort ein Fehler ist und der Eintrag am 16.03.1835 im Kirchenbuch von Kaukehmen die Geburt unseres Kristups Selenat dokumentiert.
Kristups Selenat (Kristups = Christoph) wanderte vor seiner Heirat 1861 von Sausseningken in Ostpreußen nach Westpreußen aus. Dort lebte er als Diener in Limbsee bei Freystadt / Wpr.. Am 30. Juni 1861 heiratete er dort Louise Hausschulz, die Tochter des Instmanns Ludwig Hausschulz. Ihr erstes Kind kam bereits vor der Heirat am 25.1.1861 zur Welt. Von den insgesamt zehn Kindern starben vier in den ersten drei Lebensjahren, drei Söhne und drei Töchter überlebten die Kindheit. Von den drei überlebenden Söhnen Albert, Richard und Rudolf stammen die Sellinatlinien Deutschlands ab, so dass wir Kristups als den Urvater aller deutschen Sellinats bezeichnen können. Kristups wurde in 3 Kriegen verwundet: 1864 im Krieg Österreichs und Preußens gegen Dänemark um Schleswig-Holstein, 1866 im „Deutschen Krieg“ um die Vorherrschaft in Deutschland und 1870 im Deutsch-Französischen Krieg verletzt. Am 27. Oktober 1912 starb er an Altersschwäche in Limbsee. Seine Frau starb zwei Jahre später am 12. August 1914 im 15 km entfernten Riesenwalde.
Kristups Selenat ist im Zuge der Mitte des 19. Jh. einsetzenden Abwanderungsbewegung aus Preußisch Litauen in andere Gebiete des Reichs ca. 225 km in Richtung Südwesten nach Limbsee bei Freystadt/Wpr. Westpreußen ausgewandert und hat sich dort niedergelassen. Die große Armut in der Heimat und nur geringe Arbeitsmöglichkeiten auf den wenigen Gütern im nördlichen Ostpreußen und in Litauen zwang Kristups wohl wie viele andere Menschen zur Verdienstsuche in die Fremde.
Unabhängig von diesen Abwanderungsbewegungen, bei denen die Menschen dauerhaft in andere Gebiete des Reichs übersiedelten, beschreibt Ingeborg Weber-Kellermann, dass im 19. Jh. in Deutschland die Armutsgebiete deutlich als Ausgangszentren der Saisonwanderungen in reichere, fruchtbarere Gegenden zu erkennen sind.(12) Einer dieser Wanderwege, die Ingeborg Weber-Kellermann darstellte, verlief aus dem Raum Tilsit nach Westpreußen.
„Das zunehmende Wachstum und schließliche Überhandnehmen der Wanderarbeit war besonders durch die Ausdehnung des Zuckerrübenbaus hervorgerufen worden, der keine Winterarbeit erforderte und die winterliche Tätigkeit im Vergleich zur Sommersaison in einem Verhältnis von 1 : 4 zuspitzte. Demzufolge stellt sich die Beschäftigung von Wanderarbeitern für den kalkulierenden Gutsbesitzer selbst bei höheren Saisonlöhnen insofern billiger, als er die Arbeitskräfte wohl im Sommer ausnutzen konnte, ohne im Winter für sie sorgen zu müssen.“(13) Die Anwerbung der Wanderarbeiter geschah in der Regel durch sog. Agenten, die meist aus der Heimat der Verdienstsuchenden stammten und im Auftrage des Gutsbesitzers ganze Arbeitertrupps zusammenstellten. Das Ganze erhielt zeitweise regelrecht Aspekte eines ausbeuterischen Menschenhandels: nicht nur die Gutsbesitzer wollten an den Landarbeiter verdienen, sondern auch die Agenten, so dass die Wanderarbeiter oft unter erbärmlichen Bedingungen lebten und arbeiteten.
Der Gutsbezirk Limbsee mit Spikorra bei Freystadt war ein Rittergut mit insgesamt 766 ha Größe, davon 590 ha Acker einschließlich Gärten, 60 ha Wiesen, 30 ha Weiden, 40 ha Holzungen, 30 ha Unland und 16 ha Wasser. An Vieh gab es 85 Pferde, 290 Rinder, 500 Schafe und 400 Schweine.(14) Das Gut lag am Rande eines Rübenanbaugebietes, welches sich zwischen Elbing, Neuenburg und Bischofswerder erstreckte. Es ist also durchaus möglich, dass Kristups Selenat als Wanderarbeiter hierhin kam, hier Louise Hausschulz kennen lernte und heiratete, und dadurch im Gutsbezirk blieb.
Die Namenslinie Sellinat ohne die weiblichen Nachkommen verläuft dann von Kristups Selenat als Stammvater der deutschen Sellinats über seine drei Söhne Albert, Richard und Rudolf.
Kristups zweiter Sohn Richard Sellinat wurde am 03.02.1863 in Limbsee geboren. Er wurde Schmied und heiratete 1888 in Mocker bei Thorn Maria Susanna Geise, die von dort stammte. Mocker bei Thorn liegt ca. 75 km südsüdwestlich von Limbsee. Richard Sellinat und seine Frau Maria führten zumindest zeitweise ein unstetes Leben. Nach ihrer Hochzeit lebten sie zunächst in Mocker bei Thorn, wo 1889 ihr erstes Kind Agnes geboren wurde. Erich wurde 1894 ca. 80 km nordnordöstlich davon in Hammermühle b. Marienwerder geboren, Grete 1901 ca. 47 km südsüdwestlich davon in Heimbrunn, Kr. Kulm/WPr. und Erwin 1905 ca. 50 km westsüdwestlich davon in Bromberg-Stadtkreis/Wpr.. Später zog er noch nach Schneidemühl, das ca. 85 km westlich von Bromberg liegt.
Nach Erzählungen ihrer Enkelin Ingeborg Menge geb. Heuer soll Maria eine sehr attraktive Frau gewesen sein. Sie verübte 1922 Selbstmord. Meine Mutter Jutta geb. Sellinat erinnert sich an ihren Großvater Richard als einen stattlichen Mann. Inge Menge geb. Heuer schilderte ihn als einen liebevollen Menschen. Er wohnte zuletzt bei seiner Tochter Margarete in Schneidemühl. Im Adressbuch Schneidemühl ist er 1931 als wohnhaft in der Elisenau 68 verzeichnet. Zum Ende des zweiten Weltkrieges wollte er als 82jähriger Greis nicht mehr von Schneidemühl in den Westen fliehen, er soll von russischen Soldaten erschlagen worden sein. Dies muss um den 14.02.1945 geschehen sein, weil an diesem Tag in Schneidemühl der sog. Endkampf einsetzte, dem ein grauenvolles Ende folgte. (15)
(1) Vgl. Janczik, Bruno und Naunheim, Fritz: Dragoner, Wibranzen und Enrollierte zur Zeit der großen Pest. Berichte und Tabellen der Ämter 1711: I. Die oberländischen Ämter. In: Altpreußische Geschlechterkunde 34, 16 (1986), S. 181 ff.
(2) Der Ort Kaukehmen hatte bis 1631 Kuckerneese geheißen und wurde 1938 wieder in Kuckerneese zurück benannt. Der Ort war seit 1722 Sitz des "Ampt Kukernese", doch waren das Gebiet des Amtes und des Ortes nie deckungsgleich. Vgl. auch http://www.online-ofb.de/kaukehmen und http://wiki-de.genealogy.net/Kuckerneese.
(3) Das ist die Pest.
(4) Janczik, Bruno und Naunheim, Fritz: Dragoner, Wibranzen und Enrollierte zur Zeit der großen Pest. Berichte und Tabellen der Ämter 1711: I. Die oberländischen Ämter. In: Altpreußische Geschlechterkunde 34, 16 (1986), S. 191.
(5) Aus dem litauisch-deutschen Wörterbuch: „pasẽlininkas, fem. -kė, Subst. mob., Jemand, der um einen pasėlỹs dient. pasėlỹs, Gen. pãsėlio, Subst. m. Aussaat oder Beisaat, welche als Lohn einem Dienstboten oder auch einem Sohn, Schwiegersohn etc. gewährt wird.“ Aus: Kurschat, Friedrich, Wörterbuch der littauischen Sprache: Zweiter Theil: Littauisch-deutsches Wörterbuch. Halle a. S., Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, 1883, S. 259.
(6) Auch Militärangehörige benötigten zu diesem Zweck einen "Trauschein" der Vorgesetzten.
(8) https://de.wikipedia.org/wiki/Losmann_(P%C3%A4chter).
(9) Von Staßewski, Kurt und Stein, Robert: Was waren unsere Vorfahren? Amts-, Berufs- und Standesbezeichnungen aus Altpreußen. Sonderschriften des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e.V Bd. 18. Hamburg, 1971, S. 33.
(10) Schakuhnen ist das westlich an Kaukehmen angrenzende Kirchspiel.
(11) Das gehört zum Kirchspiel Kaukehmen.
(12) Das Phänomen der Wanderarbeiter wurde auch schon in den Jahrhunderten davor beschrieben. Vgl. hierzu Weber-Kellermann, Ingeborg: Erntebrauch in der ländlichen Arbeitswelt des 19. Jahrhunderts auf Grund der Mannhardtbefragung in Deutschland um 1865, Bd. 2. Marburg: N. G. Elwert Verlag, 1965.
(13) Weber-Kellermann, Ingeborg (s. o.) S. 290.
(14) Niekammer, Verlag Paul: Westpreussisches Güter-Adressbuch: Verzeichnis sämtlicher Güter mit Angabe der Guts-Eigenschaft, des Grundsteuer-Reinertrages, der Gesamtfläche und de… .Stettin: Paul Niekammer, 1903.
(15) Lange, Egon: Grenz- und Regierungsstadt Schneidemühl. Zeittafel zur Geschichte der Stadt Schneidemühl. O.O., Selbstverlag, 1998.