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Hinweis

von Robert Giesler,
überarbeitet von Matthias Schmidt


In einem Brief an den Rat der Stadt Köln aus dem Jahre 1490 weist Graf Johann V von Nassau-Siegen darauf hin, dass seine Untertanen schon "vur Menschen gedechtnus und lange vur vielen jaren" Eisen(-waren) nach den Niederlanden exportiert hätten. Diese Quelle belegt die etwa 1300 wieder einsetzende und immer größer werdende Ausmaße annehmende Eisen- und Stahlproduktion. Ihr ging bereits in den letzten fünf vorchristlichen Jahrhunderten im Siegerland eine Erzgewinnung voraus. Aus welchen Gründen im Mittelalter dieses erträgliche Handwerk wieder aufgenommen wurde, ist unklar. Fest steht allerdings, dass das Siegerland ab dem 14. Jahrhundert einer der wichtigsten Eisen- und Stahllieferanten Deutschlands wurde. Hieraus entwickelten sich bald intensive Handelsbeziehungen, so zum Niederrhein, den Niederlanden, dem Kölner und rheinisch-westfälischen Metallgewerbe, ins Remscheider und Solinger Gebiet, ins Rhein-Main-Gebiet und nach Hessen. Siegerländer Waren wurden bald über Messen und Märkte in Kassel, Marburg, Worms und Frankfurt vertrieben. Im Gegenzug wurden verschiedene Lebensmittel, z.B. Weine, sowie Luxuswaren und Seiden-stoffe aus Köln und Frankfurt importiert. Begünstigt wurde diese Entwicklung nicht nur durch die Besitzungen der Nassauer Grafen, sondern auch durch ihre politischen und dynastischen Interessen im 15. Jahrhundert in den Niederlanden, wo die bedeutendsten Handels- und Gewerbestädte Nord-West-Europas lagen. Zudem war es ein metallarmes Gebiet, das auf die Rohstoffe bzw. Erzeugnisse aus dem Siegerland angewiesen war.

Die Hammerschmiede im Siegerland wurden bald nicht nur zu angesehenen Leuten, sondern schufen sich auch beträchtliche Vermögen, wenn sie ihre Tätigkeit auf "internationale" Eisen- und Stahlgeschäfte ausdehnten. Einen Eindruck von diesem wirtschaftlichen Aufschwung gewinnt man bei der Betrachtung einiger Zahlen: werden in der Siegener Renteirechnung von 1417 bis 1419 25 abgabepflichtige Hütten erwähnt, sind es 1444 schon 35, 1463 bereits 40 und im Jahr 1500 sogar 42.

Nicht unerheblichen Anteil an dieser Entwicklung hatte die Familie Busch, die man wegen der verschiedenen Namensschreibweisen bis hin zum völligen Namenswechsel im Grunde gar nicht eindeutig bezeichnen kann: "Busch", "Busch vor der Hardt", "vor der Hardt", "Flender" und "Flender vor der Hardt".

Der Vorname des ältesten Busch vor der Hardt (* um 1370) ist nicht bekannt. Er lebte in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts und war schon Besitzer der Blashütte und des Eisenhammers vor der Hardt. Diese Werke lagen - ebenso wie die im Folgenden genannten - im Gebiet oder der Nähe des heutigen Ortes Weidenau. Seine Tochter Else Busch (+ 1417/44) heiratete Sel (+ v. 1417), der einen Anteil an Hütte und Hammer seines Schwiegervaters besaß. Ihre Tochter Gertrud (Sel) (+ n. 1463), die in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts lebte, war Besitzerin der Blashütte und mit Hermann off dem Berge (+ v. 1463) verheiratet. Hen vor der Hardt (etwa 1435-1505), ihr Sohn, war mit der Tochter des Freudenberger Schultheißen (Bürgermeisters) Tilmann Hol(n)stein verheiratet. Sie hatten eine Tochter (* etwa 1468), die den Hardter Heingerichtsschöffen Henchen vor der Hart (etwa 1460 - 1540) um 1487 heiratete. Eine Tochter aus dieser Ehe (etwa 1500-1576), heiratete den Hardter Gewerken Franz vor der Hart (etwa 1495 - 1565), der später noch einmal angesprochen wird.

Ihr Bruder Henrich (vor der) Hardt (etwa 1500 - 1564) war Gewerke auf Schneppenkauten. Seine Frau Agnes (von) Schneppenkauten (etwa 1500 - 1568) kam von dort, wo ihre Vorfahren bis zu den Anfän-gen des Schneppenkautener Hammers in der Mitte des 15. Jahrhunderts nachgewiesen werden können. Die Busch vor der Hardt waren also nicht nur erfolgreiche Gewerke, sondern heirateten auch in die ihnen entsprechenden Familien. Das zeigt sich auch bei Agnes' und Henrichs Tochter, die den Hammerschmied Johann Spieß (+ etwa 1572) heiratete, dessen Vater Hans Spieß (+ v. 1546) schon Gewerke auf der Müsenershütte war.

Der schon erwähnte älteste Busch vor der Hardt hatte außer seiner Tochter Else, auf die schon eingegangen wurde, noch einen Sohn Pusch (etwa 1370 - 1417). Dieser war auch Mitbesitzer der Blashütte und des Eisenhammers. Puschs Sohn Cone (etwa 1440- - 1444) war Besitzer des Eisenhammers vor der Hardt und auf der Grünen Au. Er hatte drei Söhne: Gothart (etwa 1425 - 1498), und Hen(ne) (*1425/30, +1471/79) und Siebel "den Stummen". Gothard war Hammerschmied in Buschhütten und Buschgotthardshütten; beide Hütten sind wohl nach ihm benannt. Seine Tochter Hilla (etwa 1475/-1554) heiratete Hens Sohn Gerhart (etwa 1470 - 1502), also ihren Vetter.

Gothart Busch wird von Böttger wegen seines im Laufe seines Lebens erworbenen Besitztums und seiner verschiedenen Beteiligungen als "vielleicht bedeutendster Siegerländer Eisenindustrielle des ausgehenden Mittelalters" bezeichnet. Er kam aus einem angesehenen Elternhaus, wo er den Beruf des Hammerschmieds erlernte. Sein Vater war Teilhaber am Hammer vor der Hardt, seine Mutter lebte nach dem Tod ihres Mannes in Siegen. Er selbst, etwa 1425 geboren, arbeitete mit seinem Bruder Hen 1461 und 1465 auf dem väterlichen Hammer (im heutigen Buschhütten), den er aber bald verpachtete. Er selbst pachtete nämlich mit seinem Bruder Hen einen neu errichten Hammer bei Buschhütten, den sie bald verließen, sich aber das Erbrecht vorbehielten. Gothart erwarb im Gebiet des heutigen Buschgotthardshütten ein Stück Land, auf dem er einen neuen, eigenen Hammer errichtete, der 1466 in Betrieb genommen wird und heute noch nach ihm benannt ist. Dort baute er auch ein Haus, das er mit seiner Familie bewohnte. Er erwarb zwar 1477 noch ein Haus in der Siegener Hinterstraße, dessen Nutzung aber in bezug auf die Überwachung seiner Hämmer wenig zweckmäßig gewesen wäre. Zur Finanzierung dieser Unternehmungen war sicher seine Heirat um 1450 mit Gertgen (etwa 1430 - 1502), der Tochter des Freudenberger Amtsschultheißen Henchen Scholte, eine Voraussetzung. Henchen Scholte nämlich war 1444 Teilhaber am Schneppenkautener Hammer. Diesen Anteil wird Gertgen in die Ehe mit eingebracht haben, denn später hatte Gothart eine 25%ige Beteiligung. Im Jahre 1481 wird Gothart auch als Teilhaber an der bei Eiserfeld gelegenen Eisenerzgrube "Kirschbaum" und einer weiteren Hütte genannt. Hier wird sein Bestreben erkennbar, möglichst viele Hütten oder zumindest Hüttenanteile zu erwerben, um das für die Hämmer notwendige Eisen aus eigener Gewinnung zu bekommen. Ob er noch weitere Hütten oder Hämmer seinem Besitz hinzufügte, ist nicht bekannt. Die Stellung dieses 1498 gestorbenen Frühkapitalisten im Siegerland läßt sich aber an der Tatsache feststellen, daß Gothart wie Henchin Fick (etwa 1420 - 1498) 1479 den größten Schatzungsbetrag im Kirchspiel Siegen zahlte, das dreifache des Durchschnittssatzes. Nur hinsichtlich der Bede (Abgabe vom liegenden Besitz) lag er hinter Henchin Fick etwas zurück. Die Familie Fick gehörte auch zu den großen Hüttenbesitzerfamilien des Siegerlandes.

Gotharts Tochter Hilla (etwa 1475 - 1554) erbte die Schneppenkautener Anteile ihres Vaters und zog mit ihrem Mann Gerhart (etwa 1470 - 1502) nach Siegen. Auf der Ecke Poststraße/Löhrstraße erwarben sie ein Haus, in dem Hilla außer Eisen, Eisenwaren und heimischen Produkten auch "Importware" verkaufte. So z.B. Tuche, Gewürze, Heringe, Stockfische u.a., das sie in großen Mengen in deutschen Handelsstädten wie Köln oder Frankfurt einkaufte. Nach dem frühen Tod ihres Mannes setzte Hilla den Handel fort und vergrößerte ihr Vermögen, was ihre hohen Spenden zum Umbau der Siegener Martinikirche beweisen. Die Kontakte zu den nördlich der Stadt angesiedelten Gewerken schienen aber nicht abgebrochen zu sein, denn ihre Tochter Cathrin (etwa 1510 - nach 1570) heiratete den Schneppenkautener Gewerken Peter Steler (etwa 1505 - vor 1563).

Hillas Sohn Franz vor der Hardt (etwa 14957/97 - 1561/62), war wieder Hammerschmied und Gewerke und mit einer Tochter des Henchen vor der Hardt verheiratet. Diese Heirat wurde schon erwähnt. Ihr Sohn Chonn (Konrad) vor der Hardt (etwa 1520/25 - 1562/63) war auch Hammerschmied und Gewerke vor der Hardt. Er ist der erste, der den Namen Flender trägt: "Chönn Flendener". Dieser Name ist von Handelsbeziehungen zur Grafschaft Flandern hergeleitet, jenem linksrheinischen Gebiet also, zu dem um 1500 die Nassauer Grafen Engelbert II und Johann V (s. o.) direkte Handelsbeziehungen knüpften. Im 16. Jahrhundert festigte sich der anfängliche Beiname zum Familiennamen, so dass Chonns männliche Nachkommen diesen Namen annahmen. Chonn war verheiratet mit Gela Latsch (etwa 1525 - nach 1583), einer Tochter des Gosenbacher Hofpächters Tilmann Latsch (s. u. Die Familie Latsch). Ihr Sohn Jacob Flender (* um 1563, + 1620/27) war Hüttenbesitzer und Hammerschmied und betrieb zudem in solchem Maße Handel, dass Böttger ihn den wohl "führenden Industriellen jener Zeit" nennt. Er muß wegen seiner umfangreichen Tätigkeiten in hohem Ansehen gestanden haben, denn er erhielt zahlreiche Aufträge von seinem Landesherrn, Graf Johann VII von Nassau-Siegen. So lieferte er 12 Zentner Fensterstangen für das Dillenburger Schloß und Rüstungsgegenstände wie Geschütze verschiedener Kaliber. Solche staatlichen Aufträge brachten ihm be-trächtliche Summen ein, die ihm wiederum eine Ausweitung seiner Handelsbeziehungen ermöglichten. Aus einem erhaltenen Brief vom 17. April 1619 an seinen Landesherrn, in dem er mit "Jacob Flender vor d(er) Hardt" unterschreibt, geht hervor, dass seine Kontakte bis nach Danzig reichten. Als Hammerschmied war er auch Mitglied der Zunft der Hammerschmiede und Massenbläser. 1604 wird er zu deren erkorenem Meister (Zunftmeister) gewählt - in Anerkennung für seine führende Tätigkeit. Während seiner Amtszeit wurden alle neu aufgenommenen Zunftbrüder jährlich in das "Handtwercksbuch der Massenbläser undt Hammerschmidtszunfft in undt vor der Statt Siegen" eingetragen. Er war verheiratet mit der Tochter des Dilnhenrichshüttener Hammerschmiedes Hans Sprenger (+ 1587/93) (s. u. Die Familie Sprenger). Jacobs Sohn Thomas Flender (1589 - nach 1672), heiratete um 1620 Margarethe (etwa 1595/1600 - nach 1663), die Tochter des Achenbacher Hofmannes Johannes Achenbach (etwa 1565/70 - vor -1637) (s. o. Die Familie Achenbach).

Eine Tochter aus dieser Ehe, Sophie Flender (* 1634), heiratete in die Hardter Hammerschmiedefamilie Schleifenbaum. Der Großvater ihres Mannes Jacob Schleifenbaum (1627 - vor 1677), der namentlich nicht bekannt ist, könnte rein altersmäßig wegen seines anzunehmenden Berufes und seines anzunehmenden Wohnortes der Jacob Schleifenbaum sein, der bei dem oben ausführlich dargestellten Jacob Flender bei größeren staatlichen Aufträgen mitgearbeitet hat. Dafür würde noch sprechen, dass in früheren Jahrhunderten ein neugeborener Junge oft auf den Namen des noch lebenden Großvaters (hier also Jacob) getauft wurde.

Thomas Flenders Sohn Johannes (1623 - 1696), und sein Enkel Franz (1662 - 1742) waren ebenfalls Hammerschmiede und Gewerken, allerdings auf Schneppenkauten. Franz' Tochter Anna Magdalena (1700 - 1768) heiratete in die Familie Utsch.